Einblicke in Bockenheimer jüdische Geschichte
Das jüdische Leben in Bockenheim und im Westend soll sichtbarer werden. Drei Projekte, die sich mit der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in den Stadtteilen befassen, wurden in der Sitzung des Ortsbeirats 2 am Montag vorgestellt, erfuhren großen Zuspruch und werden finanziell unterstützt.
Auf Spurensuche auf dem jüdischen Friedhof an der Sophienstraße will sich die Max-Beckmann-Schule machen. Wie Studienrat Benedikt Kruse darlegte, sollen Schülerinnen und Schüler in einer Projektwoche vor den Sommerferien sowie in einer Arbeitsgemeinschaft etwa über die Anlage, Bestattungsriten, die Verstorbenen und die Frage, warum das Areal die NS-Zeit überstehen konnte, forschen. Die Ergebnisse sollen in Form von Gedenk- oder Ausstellungstafeln präsentiert werden. Geplant sei auch, Teile des Friedhofs virtuell zu kartografieren und eine Broschüre zu drucken.
Der Friedhof liege direkt neben dem Oberstufengymnasium, sagte Kruse. Von der Straße aus sei er nicht einsehbar und der Öffentlichkeit deshalb kaum bekannt. Von der Schule aus jedoch könne man die etwa 300 Grabsteine sehen. Bereits 2018 sei ihm deshalb die Idee gekommen, sich mit der Grabstätte zu befassen.
Der Ortsbeirat begrüßte das Projekt und fördert es mit 2000 Euro. Einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Linker und FDP brachte er einstimmig auf den Weg. Offen sei, ob der Betrag genüge, sagte Studienrat Kruse. Derzeit sei nicht klar, ob professionelle Historiker:innen bezahlt werden müssten, um bei der Suche in Archiven zu helfen.
Als „ganz toll“ lobte Rachel Heuberger, Vorsitzende des Gemeinderats der jüdischen Gemeinde Frankfurt, dass sich junge Erwachsene damit beschäftigten wollten, „wer früher unsere Nachbarn waren“. Es sei traurig, dass Juden wegen des Nationalsozialismus für viele immer noch als „exotisch“ gälten. Früher sei das Miteinander ganz normal gewesen. Die Gemeinde werde die Beckmann-Schule unterstützen.
Durch das praktische Vorgehen werde der sonst eher trockene Unterricht aufgepeppt, lobte ein Schüler das Projekt. In Bezug auf die jüdische Geschichte sei viel Hass im Spiel, sagte ein Mitschüler. Durch Aufklärung könne dieser aufgelöst werden. Auch werde das Judentum vor der NS-Zeit zu wenig im Unterricht behandelt, sagte eine Schülerin. Dabei sei es wichtig zu beleuchten, wie Jüdinnen und Juden früher integriert gewesen seien. Gerhard Dotzauer, ehemaliger Lehrer der Beckmann-Schule, wies darauf hin, dass es auch vor 1933 antisemitische Parteien gegeben habe und das Zusammenleben mit der jüdischen Bevölkerung „nicht normal“ gewesen sei.
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Quelle: Frankfurter Rundschau. Stadtausgabe vom 13.03.2024, Seite 41 (adaptiert für unsere Zwecke)