Schreibkunst an der MBS im Schuljahr 2022/23

Im Dezember 2022 und Januar 2023 führte der Lyriker und Übersetzer Norbert Hummelt, der Gedichte von T.S. Eliot und W.B. Yeats übersetzt, aber auch aus vielen anderen Sprachen nachgedichtet hat, mit einigen Schülern und Schülerinnen eine Lyrikwerkstatt durch, in der es nicht nur um selbst verfasste Gedichte und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schreiben, sondern auch ums Übersetzen ging. Norbert Hummelt sagt dazu:

Gedichte sind nicht einfach Botschaften –sie sind Klangkörper. Sie wirken durch ihren Ton, ihren Beat, durch Reim und Rhythmus prägen sie sich ein und sagen durch ihre Stimmen mehr als ihre Worte fassen. Eine gute Übung, um herauszubekommen, was am Gedicht die Musik ist, ist das Übersetzen. Wie klingt mein Gedicht auf Englisch? Was kann ich für mein Schreiben lernen, wenn ich ein Gedicht (oder meinen Lieblingssong) aus einer fremden Sprache in meine Sprache übertrage? Was passiert, wenn ich mich vom Klang führen lasse? Oder wenn ich einen Text schreibe, der in eine feste Form oder auf eine bestimmte Musik passen soll?

Über diese Fragen wurde im Workshop nachgedacht und vieles ausprobiert.

Und dies ist die gemeinsame Übersetzung des Gedichtes „Fern Hill“ von Dylan Thomas:

Fern Hill   Dylan Thomas (1914 – 1953)

Now as I was young and easy under the apple boughs
About the lilting house and happy as the grass was green,
     The night above the dingle starry,
          Time let me hail and climb
     Golden in the heydays of his eyes,
And honoured among wagons I was prince of the apple towns
And once below a time I lordly had the trees and leaves
          Trail with daisies and barley
     Down the rivers of the windfall light.
And as I was green and carefree, famous among the barns
About the happy yard and singing as the farm was home,
     In the sun that is young once only,
          Time let me play and be
     Golden in the mercy of his means,
And green and golden I was huntsman and herdsman, the calves
Sang to my horn, the foxes on the hills barked clear and cold,
          And the sabbath rang slowly
     In the pebbles of the holy streams.
All the sun long it was running, it was lovely, the hay
Fields high as the house, the tunes from the chimneys, it was air
     And playing, lovely and watery
          And fire green as grass.
     And nightly under the simple stars
As I rode to sleep the owls were bearing the farm away,
All the moon long I heard, blessed among stables, the nightjars
     Flying with the ricks, and the horses
          Flashing into the dark.
And then to awake, and the farm, like a wanderer white
With the dew, come back, the cock on his shoulder: it was all
     Shining, it was Adam and maiden,
          The sky gathered again
     And the sun grew round that very day.
So it must have been after the birth of the simple light
In the first, spinning place, the spellbound horses walking warm
     Out of the whinnying green stable
          On to the fields of praise.
And honoured among foxes and pheasants by the gay house
Under the new made clouds and happy as the heart was long,
     In the sun born over and over,
          I ran my heedless ways,
     My wishes raced through the house high hay
And nothing I cared, at my sky blue trades, that time allows
In all his tuneful turning so few and such morning songs
     Before the children green and golden
          Follow him out of grace,
Nothing I cared, in the lamb white days, that time would take me
Up to the swallow thronged loft by the shadow of my hand,
     In the moon that is always rising,
          Nor that riding to sleep
     I should hear him fly with the high fields
And wake to the farm forever fled from the childless land.
Oh as I was young and easy in the mercy of his means,
          Time held me green and dying
     Though I sang in my chains like the sea.
From The Poems of Dylan Thomas, published by New Directions.

Dylan Thomas: Farnhügel (Fern Hill)
 
Nun als ich jung und leicht war unter den Apfelzweigen
Fröhlich wie das Gras grün war und das Haus beschwingt
              Die Nacht über der Waldschlucht sternklar
                           Zeit ließ mich jubeln und steigen
              Golden in der Glanzzeit ihrer Augen,
Im Bollerwagen war ich Prinz der Apfelstädte
Einst unter dieser Zeit herrschte ich über Bäume und Blätter
                           Bestückt mit Gerste und Gänseblümchen
              Bis zu den Flüssen des Fallobstlichts.
 
Und als ich grün war und unbefangen, unter den Scheunen berühmt
Über den glücklichen Hof und sang wo ich zu Hause war,
              In der Sonne, die nur einmal jung ist,
                           Zeit ließ mich spielen und sein
              Golden in der Gnade ihrer Gaben,
Und grün und golden war ich Jäger und Hirte, die Kälber
Sangen zu meinem Horn, die Füchse auf den Hügeln heulten klar und kalt,
                           Und der Sabbat klang langsam wider
              In den Kieseln der heiligen Bäche.
             
Die ganze Sonne lang rannte es, lieblich war es, die Heu-
Felder hoch wie das Haus, das Pfeifen aus den Schornsteinen, Luft war es. 
              Und spielerisch, reizend und nass
                           Und Feuer grün wie Gras.
              Und bei Nacht, unter den schlichten Sternen 
Als ich Schlaf entgegen ritt, trugen die Eulen den Hof davon,
Den Mond lang hörte ich, gesegnet unter den Ställen, die Nachtschwalbe
              Fliegen mit den Heuhaufen, und die Pferde 
                           Blitzen in die Dunkelheit.
Und dann zu erwachen, und der Hof, wie ein Wanderer weiß
Mit dem Tau, zurück, mit dem Hahn auf der Schulter, es war alles
              Leuchten, es war Adam und sein Mädel,
                           Wieder zog sich der Himmel zusammen
              Und die Sonne wuchs um diesen Tag.
So muss es gewesen sein nach der Geburt des einfachen Lichts,
An dem ersten, sich drehenden Ort, die verzauberten Pferde trabten warm
              Raus aus dem wiehernden grünen Stall
                           Hinaus auf die gelobten Felder.
 
Und geehrt unter Füchsen und Fasanen bei dem heiteren Haus
Unter der neu geschaffenen Wolke und fröhlich wie das Herz lang war,
              In der Sonne von neuem geboren,
                           Rannte ich meine arglosen Wege,
              Meine Wünsche rasten durch das haushohe Heu
Und nichts kümmerte mich, in meinem lichtblauen Handel, was Zeit erlaubt
In all ihren klangvollen Drehungen, so wenige und solche Morgenlieder
              Bevor die Kinder grün und golden
                           Ihr aus Gnade folgen.
 
Nicht kümmerte es mich an schäfchenweißen Tagen, dass Zeit mich tragen würde
Hinauf zu dem schwalbenumdrängten Schlag, im Schatten meiner Hand,
              Im Mond, der immer nur aufgeht,
                           Nicht, als ich in den Schlaf ritt,
              Sollte ich ich sie fliegen hören mit den hohen Feldern
Und im Hof erwachen, für immer geflohen aus dem Land ohne Kinder.
Oh wie ich jung und leicht war in der Gnade ihrer Mittel,
                           Hielt Zeit mich grün und sterbend
              Obschon ich wie die See in meinen Ketten sang.
 
 
Übersetzung: Yasmin Borchardt, Sara Hahn, Marlene Halfar, Konstantin Meyer, Lia Nüßlein, Lucien Casas Rama, Josefine Reith, Marie Riepl und Norbert Hummelt.
             
 

(veranwortlich für Koordination und Durchführung der Schreibprojekte: Antje Koenen)

Netzwerk „Schulen mit besonderer Förderung der Literatur“

Arbeitskreis literarisch aktive Schulen Hessens